Donnerstag, 9. Januar 2014

DER LIMES IM 4. JH. N.CHR.

KAISER DIOKLETIAN (284-305 n.): Dieser Kaiser errichtete neue Kastelle, hob neue Truppen aus und schuf die Provinz MAXIMA SEQUANORUM. So entstand z.B. das Kastell VITUDURUM (Oberwintherthur) 294. n. (s. Bauinschrift).
Unter DIOKLETIAN wurde das Reich von Grund auf neu organisiert: Es gab nun zwei "AUGUSTI", einen für den Osten und einen für den Westen. Daneben gab es zwei "CAESARES" (Unterkaiser). Diese Herrschaftsform wurde auch TETRARCHIE genannt. In dieser Zeit fungierten DIOKLETIAN und MAXIMIANUS als "AUGUSTI" und GALERIUS und CONSTANTIUS als "CAESARES".
An der germanischen Grenze entstanden weitere Militäranlagen: CAELIUS MONS=Kellmünz und PARRODUNUM=Burgheim
KAISER VALENTINIAN I. (364-375 n.): Er sorgte u.a. für den Ausbau der Donau-Iller-Rhein-Grenze.
Zu dieser Zeit hatten sich die Verhältnisse am LIMES stark verändert. Dies wird z.B. an EINING (ABUSINA) deutlich. Dort wurde in das Kastell eine kleinere Befestigung eingebaut (vielleicht mußte man ja sparen). In den restlichen Bereich der Anlage zogen die Bewohner des VICUS ein.
Errichtung von Befestigungen am Rhein und anderen Flüssen aus dem LIMESGEBIET: Diese Anlagen wurden BURGI genannt und waren sog. Schiffsländen.
Durch diese umfangreichen Maßnahmen konnte die Grenze bis ins 5. Jh. gehalten werden (m. E. mehr schlecht als recht).
In der VITA SEVERINI des EUGIPPUS lesen wir von der Evakuierung der romanischen Restbevölkerung nach LAURIACUM (Enns-Lorch) und FAVENIS (Mautern). Darin wird, so SCHALLMAYER, von einer rührenden "story" berichtet. Der heilige Mann traf nämlich (als er gerade wieder mal auf Seelenfang war) auf römische Truppen, die anscheinend den Untergang des weströmischen Reiches verschlafen hatten, denn die Soldaten warteten, immer noch auf ihrem Posten treu ausharrend, vergebens auf ihren Sold. Wahrscheinlich hatte man ihnen von höherer Stelle mitgeteilt: Your cheque is in the mail!
Besiedelung des rechtsrheinischen Gebietes: Dabei handelt es sich meist um ALEMANNEN, die alte römische Siedlungen einfach übernehmen (vielleicht weil es dort auch was zu holen gab, wie das Beispiel Groß Gerau zeigt). Die Römer machten aus der Not eine Tugend und erklärten diese Völker ganz einfach und pragmatisch zu "GENTES FOEDERATAE", d.h. sie durften dann die Grenzverteidigung gegen Ihresgleichen übernehmen (wahrscheinlich waren die auch noch stolz auf den job). Ganz ehrenamtlich scheint dies nicht gewesen zu sein, denn es gab reguläre Soldzahlungen aus der Kriegskasse (und bestimmt auch Geschenke in Form von Importware).
Das hielt aber ihre Stammesgenossen, die weiter im Osten siedelten, nicht davon ab, plündernd in Gallien einzufallen.   KAISER IULIANUS APOSTATA (361-363 n.) sah sich deshalb genötigt, einzugreifen (Schlacht von Straßburg; Spätsommer 357).
Weiterhin erfahren wir bei AMMIANUS MARCELLINUS (ca. 330-395 n.), daß die Römer mit Booten auf dem Main nach Osten einen Vorstoß machten und das "MUNIMENTUM TRAIANI" (damit ist wohl der LIMES gemeint) erreichten, das sie wieder in Stand setzten. Diese Befestigung, so AMMIAN, sei in alten Zeiten oft umkämpft gewesen. Die Kastelle wurden sodann mit sog "DEFENSORES" belegt, wahrscheinlich germanische FOEDERATI, was sich archaeologisch auch gut nachweisen läßt. Dies alles, meint AMMIAN etwas naiv, hätte bei den Germanen zu einem "Sinneswandel" geführt.
Ein weiteres Detail ist erwähnenswert: Der Feldzug der Römer (s.o.) führte laut AMMIAN in ein Gebiet namens "CAPPELATIUM und PALAS". "Capellare" bedeutet "abschneiden und "palus" "abgeschnittener Pfahl". Wahrscheinlich verbirgt sich dahinter die (dunkle) Erinnerung an den LIMES, der ja zumindest im obergermanischen Bereich eine Palisade mit Pfählen aufwies. Außerdem gebe es dort alte Grenzsteine, die das Gebiet der Römer von dem der Burgunder scheiden würden. EGON SCHALLMAYER glaubt, daß damit der sog. BAULANDLIMES (Osterburken, Jagsthausen, Öhringen etc.) gemeint sei, wo es schon seit langem Konflikte zwischen Alemannen und Burgundern gegeben habe.
CONCLUSIONES:
1) Der alte LIMES markiert nun die Grenze zwischen römisch-alemannischem Gebiet und nichtalemannischem (wahrscheinlich burgundischem) Gebiet.-
2) Es wäre nicht undenkbar, daß die BURGUNDER an dem Einfall (Raubzug) nach Gallien (s.o.) beteiligt waren. (Dabei sein ist alles!)
3) SCHALLMEYER weist darauf hin, daß der "raid" "über die Köpfe" der ALEMANNEN "hinwegging". Rom betrachtete deshalb die ALEMANNEN vielleicht weniger als FOEDERATI, sondern vielmehr "als Platzhalter der römischen Macht, d. h. als eigene Streitkräfte oder gar immer noch als Provinzialbevölkerung."
4) Die alte LIMESGRENZE war noch im 4. Jh. PROVINZGRENZE.
5) Rom gab zu keiner Zeit seinen Anspruch auf RECHTSRHEINISCHES LIMESGEBIET auf!
Dennoch blieb die Lage an der Grenze unsicher...und der euphorische Ausruf eines fröhlichen Redners "daß alles, was man jenseits des Rheins erblicke, römisch sei" reines Wunschdenken.
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NACH: EGON SCHALLMAYER: DER LIMES, GESCHICHTE EINER GRENZE, C. H. BECK-WISSEN, München 2006, S. 66-73.
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So sei es!
R. (Centurio)


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